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Vorstellungsgespräche zielgerichtet und erfolgreich führen

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Philipp Schotenroehr

Gründer & Geschäftsführer

1. Vorbemerkung

Vorstellungsgespräche sind durch nichts zu ersetzen. Erst, wenn man einen Bewerber persönlich kennenlernt – durch ein persönliches Gespräch, ein Telefoninterview oder einen Video Call – kann man sich abschließend ein Urteil bilden und entscheiden, ob man ein Angebot unterbreitet oder nicht.

Gerne gebe ich Ihnen auf den nachfolgenden Seiten Empfehlungen an die Hand, wie Sie für den Erfolg Ihres Unternehmens Ihre Vorstellungsgespräche bestmöglich gestalten.

In diesem Ratgeber wird ausschließlich die männliche Form der Begriffe „Bewerber“, „Personaler“ etc. verwendet. Selbstverständlich sind hiermit alle Formen dieser Personen, also „weiblich“, „männlich“ und „divers“ gemeint. Die Beschränkung auf die männliche Form dient lediglich der Vereinfachung und guten Lesbarkeit.


2. Der Autor – zu meiner Person

Ich begrüße Sie, mein Name ist Philipp Schotenroehr.

Ich habe klassisch Wirtschaft studiert und war dann viele Jahre sowohl als Personaler und Recruiter in Personalabteilungen als auch als Personalberater tätig. 2020 schlug ich den Weg in die Selbständigkeit ein, gründete die STAIRZ GmbH und ging mit meiner Job Matching Plattform Stairship an den Markt.

Über die Jahre habe ich viele Vorstellungsgespräche für ganz verschiedene Positionen geführt. Die hieraus gewonnenen Erkenntnisse habe ich für Sie in diesem Ratgeber zusammengefasst.

Jeder möchte im Vorstellungsgespräch den „richtigen“ Bewerber für sich gewinnen. Voraussetzung ist allerdings, dass Sie diesen Bewerber im Gespräch

  • sicher identifizieren und
  • für Ihre Stelle und Ihr Unternehmen begeistern können.

Dieser Ratgeber gibt Ihnen Tipps und neue Impulse, damit Sie noch zielgerichteter und erfolgreicher Vorstellungsgespräche führen können. Gehen wir es an!


3. Vorstellungsgespräche – wozu eigentlich?

Sie sind Personaler, Recruiter, Geschäftsführer, Inhaber o.ä. und haben bereits eine Vielzahl von Vorstellungsgesprächen geführt. Haben Sie sich jemals gefragt, wozu genau diese Gespräche überhaupt dienen?

Vorstellungsgespräche dienen dazu, herauszufinden, ob der Bewerber folgende Punkte erfüllt:

  • Fachliches und persönliches Können
  • Wollen

Fachliches und persönliches Können:

I.d.R. ist es so, dass ein Bewerber zum Vorstellungsgespräch eingeladen wird, wenn er „auf dem Papier“ zur Stelle passt. Gab es also eine gute Vorauswahl auf Grundlage der Unterlagen (Lebenslauf, ggf. Anschreiben und Zeugnisse), sollte bereits vor dem Gespräch feststehen, dass der Bewerber mit hoher Wahrscheinlichkeit fachlich zur Stelle passt. Typischerweise nimmt neben Ihnen auch ein Vertreter der Fachabteilung am Gespräch teil, um ganz sicher zu gehen, dass das nötige fachliche Können beim Bewerber vorhanden ist.

  • Spricht der Bewerber tatsächlich fließend Englisch? Machen Sie den Test. Fragen Sie z.B.: „What do you do in your free time?“ oder „Please tell me about your last vacation.“
  • Sie wissen, dass der Bewerber als Teamleiter angestellt war. Wie viele Mitarbeiter hat er geführt? Was war seine größte berufliche Herausforderung in dieser Position?

Was sich immer erst im persönlichen Gespräch herausfinden lässt, ist die Frage, ob ein Bewerber auch persönlich zur Stelle passt. Stimmt die Chemie? Passt der Bewerber menschlich ins Team? Bringt er tatsächlich die Softskills mit, die Sie sich wünschen? Diese Punkte kann man im persönlichen Gespräch in Erfahrung bringen, wenn man die richtigen Fragen stellt. Leider werden oft die falschen Fragen gestellt, was zu Fehlentscheidungen führen kann.

Wollen:

Ebenso geht es beim Vorstellungsgespräch um die Frage, ob Ihre Stelle tatsächlich den Vorstellungen des Bewerbers entspricht. Wie sehen die Tätigkeiten konkret in der Praxis aus? Welches Mindset verkörpert Ihr Unternehmen? Wie ist das Team organisiert? Ein Vorstellungsgespräch ist keineswegs ein einseitiges Gespräch, in dem sich der Bewerber nur Ihnen vorstellt. Auch Sie als Unternehmen stellen sich im Vorstellungsgespräch dem Bewerber vor. Das bedeutet, dass Sie die Chance haben, sich möglichst positiv als Arbeitgeber zu präsentieren und Werbung in eigener Sache zu machen.


4. Der ideale Ablauf eines Vorstellungsgesprächs

Beginnen wir mit dem Ablauf eines Vorstellungsgesprächs. Hier ist vieles möglich, sinnvoll ist jedoch in jedem Fall folgende Struktur:

Ablauf eines Vorstellungsgesprächs:

  1. Begrüßung und Small Talk
  2. Vorstellung der Gesprächsteilnehmer
  3. Erläuterung des Ablaufs
  4. Vorstellung des Unternehmens
  5. Präsentation des Lebenslaufs
  6. Fragen zum fachlichen und persönlichen Können
  7. Fragen zum Wollen
  8. Vorstellung Ihrer Stelle
  9. Fragen vonseiten des Bewerbers
  10. Klärung von Eckdaten
  11. Konkretes Ergebnis und Ausblick

Gehen wir nun genauer auf die einzelnen Schritte ein.


4.1 Begrüßung und Small Talk

„Haben Sie gut her gefunden? Möchten Sie ein Glas Wasser oder einen Kaffee trinken?“

Diese beiden Fragen stellen wohl beinahe alle Personaler zu Beginn des Gesprächs. Auch, wenn dies abgedroschen klingen mag und insbesondere die erste Frage auf der Sachebene unwichtig erscheint, so ist es überaus sinnvoll, diese beiden Fragen zu stellen.

Sinn und Zweck des Small Talks zu Beginn ist es, eine angenehme Atmosphäre zu schaffen. Der Bewerber sollte sich in jedem Fall wohl fühlen und nicht den Eindruck bekommen, es handle sich beim Gespräch um eine Art Verhör. Vielmehr sollte gleich zu Beginn durch zwei, drei lockere Fragen Sympathie entstehen, sodass sich Ihnen der Bewerber – obwohl es sich durchaus um eine Stresssituation handelt – öffnen kann. Das Vorstellungsgespräch dient dem gegenseitigen Kennenlernen. Beide Seiten sollen herausfinden, ob sie an einer Zusammenarbeit interessiert sind.

Handelt es sich um einen Video Call, könnten Sie auf folgende Frage zurückgreifen:

„Schön, dass der Termin so schnell geklappt hat. Können Sie mich gut verstehen?“

Nur ein Bewerber, der sich wohlfühlt, wird „er selbst“ sein. Nur einen Bewerber, der „er selbst“ ist, können Sie korrekt beurteilen.

Small Talk zu Beginn ist wichtig, um eine angenehme Atmosphäre zu schaffen. Der Bewerber sollte sich wohlfühlen, damit Sie sich ein authentisches Bild von ihm machen können.


4.2 Vorstellung der Gesprächsteilnehmer

Bevor der Bewerber in den Fokus des Gesprächs rückt, sollten Sie sich mit Ihrem Namen und Ihrer Position vorstellen und kurz Ihr Aufgabengebiet im Unternehmen erläutern. Führen Sie das Gespräch gemeinsam mit anderen Mitarbeitern – bspw. aus der Fachabteilung – sollten auch diese sich dem Bewerber vorstellen.

Der Bewerber wird es als wertschätzend empfinden, wenn Sie Ihre eigene Vorstellung nicht „herunterrattern“, sondern sich hierfür etwas mehr Zeit nehmen. Handelt es sich um ein persönliches Gespräch, übergeben Sie dem Bewerber gerne Ihre Visitenkarte.

Nehmen Sie sich ausreichend Zeit, um sich selbst – und ggf. die anderen Vertreter Ihres Unternehmens – dem Bewerber vorzustellen. Das signalisiert Wertschätzung und stellt die Weichen für ein gelungenes Gespräch.


4.3 Erläuterung des Ablaufs

Es ist ratsam, an dieser Stelle noch einmal die Position, um die es geht, zu nennen. Außerdem wird es der Bewerber als angenehm empfinden, wenn Sie den Ablauf des Gesprächs kurz darlegen.

Dies könnten Sie bspw. wie folgt tun:

„Wir sprechen heute über die offene Position des Marketing Managers. Den Ablauf haben wir so vorgesehen: Wir erzählen Ihnen zunächst etwas über unser Unternehmen, anschließend gehen Sie einmal durch Ihren Lebenslauf und am Ende haben beide Seiten die Möglichkeit, noch offene Fragen zu klären.“

Wenn Sie dem Bewerber zu Beginn mitteilen, was auf ihn zukommt, geben Sie ihm Sicherheit. Dies ist eine kleine Geste mit großer Wirkung.


4.4 Vorstellung des Unternehmens

„Was wissen Sie über unser Unternehmen?“

Oft wird diese Frage gestellt – mit der Begründung, man wolle herausfinden, ob sich der Bewerber vorab über das Unternehmen informiert hat. Schließlich seien nur solche Bewerber geeignet, die sich vorab die komplette Unternehmensgeschichte zu Gemüte führen.

Es gibt Neuigkeiten: Diese Ansicht ist nicht mehr zeitgemäß.

Können Sie den Lebenslauf eines Bewerbers auswendig aufsagen, wenn dieser vor Ihnen im Gespräch sitzt? Wahrscheinlich nicht.

Auch Bewerber haben wenig Zeit und insbesondere hochqualifizierte Kandidaten werden nicht vorab Ihre Unternehmenswebsite studieren. Hätte der Bewerber kein Interesse an Ihrem Unternehmen, würde er kein Gespräch mit Ihnen führen.

Vielmehr macht es Sinn, dass Sie dem Bewerber etwas über Ihr Unternehmen erzählen:

  • Wo steht Ihr Unternehmen aktuell?
  • Was ist die übergeordnete Vision Ihres Unternehmens?
  • Was ist die Leitkultur?
  • Weshalb sollte man bei Ihnen beginnen?
  • Wie motivieren Sie Ihre Mitarbeiter?

Bedenken Sie, dass – wie zu Beginn gesagt – es im Vorstellungsgespräch auch darum geht, sich als Arbeitgeber positiv zu präsentieren. Nutzen Sie unbedingt diese Gelegenheit, um dem Bewerber Ihr Unternehmen schmackhaft zu machen. Was macht die Arbeit in Ihrem Unternehmen attraktiver als beim Wettbewerb? Wenn Sie diese Frage überzeugend beantworten können, steigern Sie Ihre Chance, einen richtig guten neuen Mitarbeiter zu gewinnen.

Stellen Sie dem Bewerber Ihr Unternehmen vor. Präsentieren Sie sich als attraktiven Arbeitgeber, für den man gerne arbeitet.


4.5 Präsentation des Lebenslaufs

Nun übergeben Sie an den Bewerber, bspw. mit den Worten:

„Bitte führen Sie uns noch einmal durch Ihren Lebenslauf. Wir haben Ihre Unterlagen vorliegen – es ist aber hilfreich, dies einmal von Ihnen persönlich zu hören.“

Bei den einzelnen Stationen gilt es, den roten Faden im Lebenslauf zu erkennen und alles wichtige zu erfahren, was nicht aus den Unterlagen hervorgeht.

  • Warum hat der Bewerber dieses Studium und diesen Beruf gewählt?
  • Was war die jeweilige Wechselmotivation zwischen den Stationen?
  • Ist eine Weiterentwicklung zu erkennen?
  • Wie war bei der damaligen Position das Team organisiert?
  • Was machte den größten Teil der Tätigkeiten aus?
  • Ganz wichtig: Was hat dem Bewerber nicht gefallen?

Die letzte Frage wird selten gestellt, hilft jedoch dabei, den Bewerber einzuschätzen. Zu wissen, was jemand explizit nicht will, lässt Rückschlüsse darauf zu, was jemand eigentlich will.

Lassen Sie den Bewerber seinen Lebenslauf vortragen. Sie sollten ihn nicht ständig unterbrechen, jedoch die Chance nutzen, an den wichtigen Stellen tiefer zu gehen und seine berufliche Motivation zu erfahren.


4.6 Fragen zum fachlichen und persönlichen Können

Nun kommen wir zum wichtigsten Teil: Sie prüfen gezielt, ob der Bewerber das nötige fachliche und persönliche Können mitbringt.

Grundsätzlich gibt es Bewerber, die sehr ausschweifend erzählen und Bewerber, die sehr wortkarg sind. Beides ist für ein gelungenes Vorstellungsgespräch wenig zielführend. Achten Sie daher darauf, dass der Bewerber beim Thema bleibt und sein Redeanteil in der Summe nicht wesentlich geringer oder höher ist als Ihrer.

Wenn es darum geht, das Können zu prüfen, steht eine Frage noch immer auf Platz 1 der Hitliste:

„Nennen Sie uns drei Stärken und drei Schwächen.“

Diese Frage sollten Sie auf keinen Fall stellen. Zum einen ist sie wenig einfallsreich, da sie gefühlt in jedem Vorstellungsgespräch vorkommt. Ein wenig kreativer wäre noch die Frage „Was würden Ihre Freunde über Sie sagen?“. Zum anderen hat die Frage einen sehr geringen Nutzen.

Jeder Bewerber möchte im Vorstellungsgespräch einen guten Eindruck hinterlassen. Somit möchte niemand in die Verlegenheit geraten, seine Schwächen offenlegen zu müssen. Davon abgesehen, ist zu beachten, dass ohnehin die Selbsteinschätzung eines Menschen nicht immer korrekt ist.

Wesentlich besser ist es, durch die richtigen Fragen Antworten zu erhalten, die Rückschlüsse auf den Bewerber zulassen. Oberste Regel ist dabei:

Stellen Sie möglichst viele offene Fragen und möglichst wenige geschlossene Fragen.

  • Eine offene Frage ist: „Was begeistert Sie am meisten an unserer Stelle?“
  • Eine geschlossene Frage ist: „Arbeiten Sie lieber alleine oder im Team?“

Wenn Sie geschlossene Fragen stellen, entsteht schnell der Eindruck eines Verhörs. Zudem schränken Sie die Antwortmöglichkeiten ein, erhalten nur wenige Informationen vom Bewerber bzw. geben ihm seine Antworten sogar vor. So machen Sie es dem Bewerber sehr leicht, in Ihrem Sinn zu antworten und Ihnen „nach dem Mund zu reden“.

Wenn Sie offene Fragen stellen, signalisieren Sie echtes Interesse, erhalten viel mehr Informationen und geben dem Bewerber die Chance, etwas mehr von sich preiszugeben.

Sicher stellen Sie dem Bewerber Fragen zu seiner Berufserfahrung. Diese Fragen könnten wie folgt aussehen:

  • „Welche Erfahrung haben Sie im Bereich XY?“
  • „Wie sah ein typischer Tagesablauf in dieser Position aus?“
  • „Welche Situation forderte Sie bislang am meisten heraus?“
  • „Wie sind Sie bei der Lösung dieses Problems vorgegangen?“
  • „In welcher Situation zeigte sich diese Fähigkeit besonders?“

Diese vertiefenden Fragen zu konkreten Erfahrungen des Bewerbers sind sinnvoll. Sie können jedoch noch einen Schritt weitergehen, um noch mehr über die Arbeitsweise und die Persönlichkeit zu erfahren: Fügen Sie, sobald der Bewerber geantwortet hat, eine weitere Frage an, durch die sich der Bewerber selbst reflektiert. Fragen zur Selbstreflexion könnten lauten:

  • „Was denken Sie, sagt das über Sie aus?“
  • „Was haben Sie in diesem Zusammenhang über sich selbst gelernt?“
  • „Inwiefern hat Sie dieses Erlebnis weitergebracht?“

Durch die Fragen zur Selbstreflexion erhalten Sie die Antworten, die sich Personaler wünschen, wenn Sie die No Go-Frage nach den Stärken und Schwächen eines Bewerbers stellen. Die hier vorgestellte Methode hat den Vorteil, dass es sich nicht um die blanke Selbsteinschätzung eines Bewerbers handelt. Vielmehr berichtet der Bewerber von einer konkreten Situation und leitet daraus seine fachlichen und persönlichen Fähigkeiten ab.

Eine Frage, mit der Sie wichtiges über die Einstellung und Motivation des Bewerbers erfahren können, ist die folgende:

„Worauf sind Sie besonders stolz?“

Natürlich schmeichelt die Frage dem Bewerber. Aber sie zeigt vor allem, was ihn im Leben antreibt.

Fragen Sie den Bewerber nach konkreten Erfahrungen und Erlebnissen. Ziehen Sie anschließend Rückschlüsse auf die Stärken und Schwächen, in dem sich der Bewerber selbst reflektiert.

Werden wir nun etwas persönlicher:

In Vorstellungsgesprächen begegnen Ihnen ganz verschiedene Charaktere. Jeder weiß, dass es Menschen gibt, mit denen man „einfach nicht zurechtkommt“. Genau aus diesem Grund ist es dringend erforderlich, dass derjenige, der mit dem künftigen Mitarbeiter am engsten zusammenarbeiten wird, mit am Gespräch teilnimmt.

Abgesehen von purer Sympathie ist allerdings auch wichtig, dass die Persönlichkeit zur Stelle passt. Jemand, der es als „Vollblutverkäufer“ liebt, auf andere Menschen zuzugehen, wird mit hoher Wahrscheinlichkeit wenig Freude am Kontieren von Rechnungen haben. Jemandem, der nach Selbstbestimmung und großem Handlungsspielraum strebt, sollte keine Sachbearbeitung übertragen werden. Manche Menschen haben einen besonderen Blick für Details, andere sehen eher das große Ganze. Diese Liste ließe sich ewig fortführen.

Bei der Stellenbesetzung geht es um die Fragen:

  • Passt der Charakter von Person X eigentlich zu dieser Tätigkeit?
  • Passt diese Person in unser Team oder würde es Reibung geben?

Es empfiehlt sich, vorab zu entscheiden, welche der folgenden Eigenschaften die wichtigsten für Ihre zu besetzende Stelle sind:

  • Führungsstärke und Ehrgeiz
  • Verkaufstalent und Kreativität
  • Analysefähigkeit und Detailorientierung
  • Empathie und Harmoniestreben

Oft liest man in Stellenanzeigen Floskeln wie „Sie sind ein Macher und Teamplayer“ oder „Es fällt Ihnen leicht, andere Menschen zu begeistern und Sie verfügen über ausgeprägte analytische Fähigkeiten“. Tatsächlich werden Sie diese Kombinationen von Fähigkeiten bei den allerwenigsten Menschen vorfinden. Ich gehe fast soweit zu behaupten, dass sich diese Fähigkeiten sogar gegenseitig ausschließen. Natürlich ist jeder Charakter einzigartig und gelegentlich gibt es Menschen, die solche Anforderungsprofile erfüllen. Nach meiner Erfahrung sind dies allerdings Ausnahmefälle.

Nicht umsonst heißt es, dass jede Stärke auch eine Schwäche mit sich bringt und umgekehrt.

Suchen Sie also einen führungsstarken Macher, dem es um Ergebnisse und schnelles Wachstum geht, ist es normal, wenn sich dieser ungern mit Small Talk aufhält. Schließlich möchte er zum Ziel kommen. Sein Ziel im Vorstellungsgespräch lautet: faktenorientiert herausfinden, ob ihm Ihre Stelle das bietet, was er möchte. Er möchte zum Punkt kommen und keine Zeit verschwenden. Sein Fokus liegt nicht im zwischenmenschlichen Miteinander, sondern darin, Dinge voranzubringen.

Suchen Sie ein kreatives Kommunikationstalent, wird dieser Bewerber womöglich durch auffällige Kleidung und ein Lächeln im Gesicht hervorstechen. Tendenziell wird er viel und ausschweifend erzählen. Für den Vertrieb ist das von Vorteil. Für die Buchhaltung womöglich weniger. Erwarten Sie keine perfekt formatierten E-Mails oder Word-Dateien. Seine Stärke liegt nicht im genauen Arbeiten, sondern in der Fähigkeit, andere zu begeistern und sich selbst zu präsentieren.

Suchen Sie jemanden, der höchst präzise arbeitet und sich tagelang in Excel-Tabellen vergraben kann? Er wird mit hoher Wahrscheinlichkeit extrem gut vorbereitet mit ausgedruckten Unterlagen überpünktlich zum Gespräch erscheinen. Machen Sie nicht den Fehler, ihm negativ auszulegen, dass er wenig Emotionen zeigt. Als IT-Mitarbeiter bspw. muss er nicht mit Ihren Geschäftskunden über den letzten Urlaub reden, sondern dafür sorgen, dass Ihr System zuverlässig läuft.

Ist Ihnen Empathie wichtig, bspw. weil es sich um eine Stelle im sozialen oder pädagogischen Bereich handelt? Selbstbewusstes und bestimmtes Auftreten ist zwar grundsätzlich positiv, aber in diesem Fall ist wichtiger, dass der Bewerber über „feine Antennen“ für die Bedürfnisse anderer verfügt. Vielleicht wird sich dieser Bewerber mit Veränderungen oder Umstrukturierungen etwas schwer tun. Das ist normal. Den Mitarbeiter, der alles kann, gibt es nicht.

Teams profitieren übrigens am meisten, wenn sehr unterschiedliche Charaktere zusammenfinden, da so nichts außer Acht gelassen wird. Voraussetzung ist natürlich, dass die Teammitglieder grundsätzlich miteinander zurecht kommen.

Zum Abschluss nachfolgend einige weitere Punkte unter dem Gesichtspunkt der Persönlichkeit des Bewerbers:

  • Sitzt der künftige Mitarbeiter in einem Großraumbüro oder in einem Einzelbüro?
  • Muss er sich tiefgehend mit komplexen Zusammenhängen beschäftigen oder soll er andere Menschen mit lockerem Ton begeistern?
  • Macht er jeden Tag das Gleiche oder ist kein Tag wie der andere?
  • Hat er einen direkten Vorgesetzten, der ihm Anweisungen erteilt oder hat er freie Hand?
  • Sind seine Tätigkeiten überwiegend operativ oder überwiegend strategisch?

All dies sind Merkmale Ihrer Stelle, zu welchen die Persönlichkeit des Bewerbers passen muss.


4.7 Fragen zum Wollen

Natürlich werden Sie nach dem Gespräch sehen, ob ein guter Bewerber tatsächlich an Ihrer Stelle interessiert ist. Entweder er nimmt Ihr Angebot an oder nicht.

Es gibt allerdings eine Frage, mit der Sie hervorragend bereits im Gespräch herausfinden können, ob der Bewerber aus Überzeugung an Ihrer Stelle interessiert ist und wirklich für Ihre Stelle „brennt“ oder ob er einfach nur irgendeinen Job sucht.

Ist Ihre Position bspw. mit einem hohen Maß an Verantwortung verbunden und verlangt dem künftigen Mitarbeiter überdurchschnittliches Engagement ab, ist es ratsam, bereits im Gespräch das Wollen des Bewerbers zu überprüfen.

Dies können Sie mit folgender Frage testen:

„Wenn Sie sich eine Stelle selbst gestalten könnten, wie sähe sie aus?“

Sie glauben nicht, wie nützlich diese Frage ist und wie viel Sie über den Bewerber erfahren, wenn Sie sie stellen. Sie werden erfahren – womöglich auch unterschwellig durch Tonfall und Mimik – was der Bewerber eigentlich will. Zugleich können Sie ableiten, ob Ihre Stelle dazu passt. Wenn dem so ist, haben Sie die Chance, einen motivierten Mitarbeiter zu gewinnen, der konstant gute Arbeit leisten wird.

Möchten Sie mit der Frage eher auf die Beziehungsebene statt auf die Sachebene abzielen, können Sie auf folgende Variation zurückgreifen:

„Was ist Ihnen bei der täglichen Arbeit mit anderen besonders wichtig?“


4.8 Vorstellung Ihrer Stelle

Nachdem der Bewerber Ihnen beschrieben hat, welche Stelle er sich eigentlich wünscht, ist der ideale Zeitpunkt, um Ihre offene Stelle genauer zu beschreiben.

  • Wie sehen die Tätigkeiten konkret aus?
  • Wie ist das Team organisiert?
  • An wen berichtet der neue Mitarbeiter?

Nutzen Sie die Gelegenheit auch, um noch einmal Ihre Benefits anzupreisen. Sie bieten ein Firmenticket für Bus und Bahn an? Das ist ein Pluspunkt.

Punkte, die dem Bewerber noch gänzlich unbekannt sind, könnten sein:

  • Warum ist die Stelle überhaupt frei?
  • Wurde zuvor umstrukturiert?
  • Welche Aufstiegschancen bieten Sie?
  • Besteht die Möglichkeit, dauerhaft im Home Office zu arbeiten oder sind nur einzelne Home Office-Tage vorgesehen?
  • Wie sind die typischen Arbeitszeiten?


4.9 Fragen vonseiten des Bewerbers

Geben Sie dem Bewerber gegen Ende des Gesprächs die Möglichkeit, Fragen zu stellen. Natürlich macht es einen besseren Eindruck, wenn der Bewerber nun auch tatsächlich Fragen stellt. Allerdings kann es durchaus passieren, dass ein Bewerber keine Fragen mehr hat, weil alles wichtige bereits besprochen wurde. Deuten Sie ein „Nein, ich habe keine Fragen mehr.“ daher nicht als Desinteresse.

Tritt der Fall ein, dass der Bewerber keine Fragen mehr hat, können Sie diese Situation elegant ins Positive wenden, indem Sie sagen:

„Wunderbar, dass wir schon alles klären konnten. Sollten Sie irgendwelche Fragen im Nachgang haben, kontaktieren Sie mich gerne.“

Hierfür braucht der Bewerber natürlich Ihre Visitenkarte oder Ihre Kontaktdaten in digitaler Form.


4.10 Klärung von Eckdaten

Eckdaten wie Eintrittsdatum und Gehaltswunsch sollten kurz vor Ende des Gesprächs auf jeden Fall noch einmal erfragt werden, da sich diese seit dem Erstkontakt geändert haben könnten.


4.11 Konkretes Ergebnis und Ausblick

Schließen Sie das Gespräch unbedingt mit einer verbindlichen Aussage, wie es nun weitergeht.

  • Werden noch Gespräche mit weiteren Bewerbern geführt?
  • Wann melden Sie sich beim Bewerber?
  • Wird es ggf. ein zweites Gespräch oder einen Probearbeitstag geben?

Für den Ruf Ihres Unternehmens als Arbeitgeber ist es wichtig, den Bewerber zuverlässig und respektvoll auf dem Laufenden zu halten. Viele Jobsuchende beklagen, dass sie „nie wieder etwas vom Unternehmen gehört haben“.

Machen Sie es besser und etablieren Sie sich als Unternehmen, zu dem man gerne zum Vorstellungsgespräch geht.


5. Schlusswort

Ich hoffe, ich konnte Ihnen mit meinen Erfahrungen und Gedanken zum Thema Vorstellungsgespräche einen Mehrwert bieten. Für mich haben sich die Punkte aus meinem Ratgeber in der Praxis bewährt. Wenn Sie mögen, lassen Sie uns gerne einmal persönlich sprechen – über Ihre Erfahrungen im Bereich der Vorstellungsgespräche oder auch gerne über Stairship.

In jedem Fall freue ich mich über den Austausch mit Ihnen!

Ihr Philipp Schotenroehr

Fast geschafft!
Fast geschafft!